Meine Großmutter war eine geborene Keck. Sie stammte aus Neudek,
einem kleinen Dorf in Südmähren nahe dem Markt Eisgrub. Sie
war am Anfang des 20. Jahrhunderts wie viele ihrer Geschwister auch
nach Wien gekommen, um sich hier eine Existenz aufzubauen. Die
Verbindung zur alten Heimat ist nicht abgerissen, und so besuchte auch
meine Mutter als junges Mädchen und als junge Frau immer wieder
die Verwandten in Südmähren, nahm an den örtlichen
Festen, Hochzeiten und Kirtagen, teil und erlebte dort auch ihre erste
Liebe.
Diese Verwandten lebten in Pulgram, einem Dorf wenige Kilometer von
Neudek entfernt an der Straße nach Nikolsburg. Offensichtlich lag
der Reiz dieser Aufenthalte für meine Mutter auch darin, dass sie
dort der gestrengen Aufsicht meiner Großmutter entzogen war. Es
gibt vergilbte Fotos, auf denen sie im Kreise von Burschen und
Mädchen, bei Kirtagen, vor Hauseingängen oder in der Thaya
schwimmend zu sehen ist. Sie schwärmte immer wieder von der
schönen Zeit, die sie Anfang der Dreißiger Jahre unbeschwert
in Pulgram zubringen durfte. So widme ich dieses Buch dem Andenken an
meine Mutter.
Im Jahre 1941 hat mein Großonkel Friedrich Keck, einer der
Brüder meiner Großmutter, ein Buch mit dem Titel „Chronik
und Stammtafel Keck“ herausgebracht. Das Buch beschränkt sich
nicht auf eine genealogische Darstellung der Familie zurück bis
zum ersten in den Geburtsbüchern der Pfarre Eisgrub nachweisbaren
Träger dieses Namen. Fritz Keck ist im Rahmen seiner Forschungen
rein zufällig auf ein Adelsgeschlecht „Keck“ und auf einen Wiener
Bürgermeister dieses Namens gestoßen und hat darüber
mit der gebotenen Vorsicht in seinem Buch berichtet. Ein Artikel in der
Zeitung „Das Kleine Blatt“ wies ihn auf den Bildhauer Karl Keck in den
Vereinigten Staaten hin. Wenngleich Fritz Keck ausdrücklich
festgehalten hat, dass sich eine Verbindung zu dem Adelsgeschlecht Keck
nicht habe feststellen lassen, so doch dieser Gedanke die Fantasie der
Mitglieder der Familie, und ich gestehe auch, meine, ungemein
beflügelt.
Spät, vielleicht zu spät, habe ich mich entschlossen, das
Thema aufzugreifen; zu spät, weil viele der Verwandten, die mir
noch hätten Auskunft geben können, mittlerweile verstorben
sind. Im Zug meiner Forschungen bin ich auf viele Personen
gestoßen, die sich mit der Geschichte der Familie Keck
beschäftigt hatten. Der Erste war Anton Keck aus Eisgrub,
über den im Kapitel „Die Legende vom Adel Keck“ berichtet werden
wird. Karl Abzieher hat in mühseliger Kleinarbeit Geburts-,
Heirats- und Sterbedaten im Mährischen Gebietsarchiv in Brünn
erhoben und zusammengestellt. Er hat ein System entwickelt um die
Position der einzelnen Personen im Stammbaum eindeutig feststellen zu
können, das ich übernommen habe. Eine hervorragende Stelle
nimmt Monsignore Karl Keck ein, der im Laufe seines langen Lebens aus
den ihm zugänglichen Archiven alles zusammengetragen hat, was
einen Bezug zum Namen Keck hat. Selbstverständlich hat er auch
seinen eigenen Stammbaum gewissenhaft dokumentiert. Schließlich
danke ich noch dem 2005 verstorbenen Fritz Landauf, der mir den Zugang
zu vielen Dokumenten ermöglicht hat und mit wertvolle Hinweise
gegeben hat.
Schwer machte mir zu schaffen, dass ich in der Schule Kurrent nur im
Fach
Schönschreiben
gelernt hatte. Auf die Eintragungen in den Familienbüchern trifft
diese
Qualifikation aber nicht zu. Wenn man Glück hat, findet man einige
Jahre
hindurch leserliche Eintragungen. Wurde ein neuer Pfarrer bestellt, so
fällt
einem das gepflegte Schriftbild in den ersten Jahren seiner
Amtstätigkeit auf.
Mit den Jahren aber wird die Schrift immer unleserlicher.
Ähnliches geschah
unmittelbar nach einer Visitation. Bis über die Mitte des 19.
Jahrhunderts
hinaus wurden Gänsekielfedern verwendet. Sie wurden erst langsam
von
Stahlfedern abgelöst. Die wenigen verwendeten Vornamen erschweren
zusätzlich
die Forschungen. Johann, Franz, Josef, Matthias, Maria, Anna, Magdalena
und
Elisabeth kommen überaus häufig vor. So ist die Zuordnung von
Kindern zur
richtigen Familie oft schwierig, wenn zur gleichen Zeit zwei Familien
lebten, wo
etwa der Vater Johann und die Mutter Elisabeth hieß. Verwirrend
ist es auch,
wenn die zweite Frau denselben Vornamen wie die erste hat. Erst wenn
man das
Alter der Frau zum Zeitpunkt der Geburt der Kinder mit in Betracht
zieht, findet
man eine Spur zur Klarstellung.
Zwischen die einzelnen Generationen habe ich in gedrängter Form
versucht, das geschichtliche Umfeld darzustellen. So bin immer tiefer
in die Materie eingedrungen, so dass aus dem kleinen Buch des Fritz
Keck eine umfangreiche Darstellung geworden ist.
Alles ist noch nicht fertig geworden. Ich habe mich aber entschlossen,
die schon vorliegenden Teilergebnisse schon jetzt zu
veröffentlichen und sie fortlaufend zu ergänzen.
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