Vieles, war Europa in den nächsten dreihundert Jahren bewegte, hat
seine Wurzeln im 15. Jahrhundert, besonders in dessen zweiter
Hälfte. Die Päpste waren am Höhepunkt ihrer Macht
angelangt. Die Versuche einer innerkirchlichen Erneuerung auf den
Konzilen von Konstanz und Basel waren gescheitert. In Städten
hatte sich ein selbstbewusstes Bürgertum gebildet, dem auch
die Ausbildung seiner Söhne am Herzen lag. Die Universitäten,
zunächst noch in geistlicher Hand, öffneten sich mehr und
mehr den Ideen des Humanismus und brachten Wissenschaftler und Beamte
hervor, die nicht mehr bereit waren, alles was von der Kanzel
verkündet wurde als bare Münze zu nehmen. Diese drückten
das schon vorhandene allgemeine Unbehagen über die Zustände
in der Kirche in Worten aus. Die Einheit der Christenheit zerbrach
schließlich im nächsten Jahrhundert in der Reformation. Was
zunächst nur als Bewegung zur Abstellung von Missständen in
der Kirche begann, entwickelte schließlich eine ungeahnte
Sprengkraft, bis schließlich ganz Europa in Flammen stand.
Wien im Jahre 1483 - Ansicht
von der Donau aus
Zeichnung aus K.E. Schimmer: Alt
und Neu Wien
Geschichte der
österreichischen Kaiserstadt (1904)
Die Territorien bekommen ein immer stärkeres Gewicht. Deren
Herrscher zerbrachen die ständische Gliederung des Mittelalters
und legten die Grundlage für den Absolutismus. Der Kaiser konnte
sich nur dann im Reich durchsetzen, wenn er über eine starke
territoriale Hausmacht verfügte. Die Habsburger verstanden es,
durch geschickte Heiratspolitik ein Weltreich aufzubauen, das durch die
Entdeckungen der Portugiesen und Spanier eine ungeahnte
Größe erreichte.
Das Ende des 15. Jahrhunderts sah im Osten das Erstarken des
Osmanischen Reiches. Die Türken drangen auf dem Balkan vor und
eroberten 1453 Konstantinopel. Jetzt bildete das Königreich Ungarn
das Bollwerk Europas gegen die fremde Kultur aus dem Osten. Hunyadi
János, der Reichsverweser und Oberste Feldhauptmann Ungarns
konnte 1456 noch die türkischen Truppen in die Flucht schlagen.