Seit dem Jahre 1470 hatte es laufend Auseinandersetzungen zwischen dem
habsburgischen Kaiser Friedrich IV., der Ansprüche auf die
ungarische Krone geltend machte, und dem Ungarnkönig Matthias
Corvinus, dem Sohn von Janós Hunyadi gegeben. 1477 kam es zur
formellen Kriegserklärung. Matthias Corvinus konnte zwar
zunächst die großen Städte nicht erobern, die Ungarn
verwüsteten aber das umliegende Land. Wien konnte mit Erfolg
verteidigt werden. Der gleichzeitig gegen die Türken
kämpfende Matthias konnte sich erst, nachdem er mit den
Türken im Jahre 1483 einen Waffenstillstand geschlossen hatte, mit
allen Kräften gegen den Westen wenden.
Nachdem die Ungarn im Herbst 1482 schon die Stadt neuerlich
eingeschlossen gehabt hatten, spitzte sich zu Beginn des Jahres 1484
die Lage zu. Die Ungarn eroberten im Jänner mit Bruck an der
Leitha die letzte noch intakte Grenzfestung und begannen mit der
Belagerung von Korneuburg. Es zeichnete sich schon in der zweiten
Jahreshälfte ab, dass Wien den Ungarn kaum würde widerstehen
können: hatten sie doch zu diesem Zeitpunkt den Ring um die Stadt
schon geschlossen und die Zufuhr von Nahrungsmitteln unterbunden.
Matthias
Corvinus,
König von Ungarn
Oberitalienisch um 1490
Kunsthistorisches Museum Wien
Begegnung
Friedrichs III.
mit Eleonore von Aragon
Freskenzyklus Papst Pius II.
Libreria Piccolomini im Dom von Siena
Die reichen Kaufleute wollten die Verluste, die sie durch den Krieg
erlitten, nicht widerspruchslos hinnehmen und wollten Frieden um jeden
Preis, wenn es sein musste auch durch Übergabe der Stadt an
die Ungarn. Der Kaiser versuchte vergeblich mit allen ihm zur
Verfügung stehenden Mitteln dem entgegenzuwirken. Er entsandte
seinen Rat Dr. Hans Keller mit
außerordentlichen Vollmachten in
die Stadt. Dieser machte kurzen Prozess, setzte Bürgermeister
Haiden ab, erhob gegen ihn und den Stadtkämmerer Thomas Tenck
Anklage wegen Missbrauch der Amtsgewalt, wobei er im Zuge der
Untersuchung bedeutende Unterschlagungen aufdeckte. Formal drang Keller
durch, da es ihm gelang, den kaisertreuen Stefan Een als Nachfolger
Haidens zum Bürgermeister wählen zu lassen, wobei er
gleichzeitig die Zahl er Räte auf vierundzwanzig erhöhte, um
dem Kaiser eine ausreichende Mehrheit zu sichern. *
(Felix Czeike, Wien und seiner Bürgermeister –
Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte, Wien – München, 1973,
S 117 - 118.)
Einer dieser neuen Ratsherren war Paul Keck
Trotz dieser Maßnahmen beschloss die Bürgergemeinde, Keller
zur Übergabe der Stadt an die Ungarn zu zwingen. Am 1. Juni
1485
zog Matthias Corvinus in feierlicher Form in die Stadt ein. Am
5. Juni
huldigten Bürgermeister, Rat und Gemeinde dem neuen Herrn und
dieser versprach die Bestätigung der Rechte und Freiheiten der
Stadt. An diesem Tag endete auch die Funktion von Paul Keck als
Ratsherr. Er war in den Jahren 1486 - 1490 lediglich als Steuerherr
tätig. *
(Perger, Richard: Die Wiener Ratsbürger 1396 –
1526. Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte
Bd. 18,
Wien 1988, S 176.)
Die reichen Handelsherren setzten höchste Erwartungen in Matthias,
doch dieser enttäuschte sie. Von geringen Begünstigungen
für Weinbau und Handel abgesehen, die dadurch beeinträchtigt
wurden, dass Matthias zu keinem Frieden mit dem Kaiser gelangen
konnte, blieb der Ungarnkönig der Stadt drei Jahre lang selbst die
zugesagte Privilegienbestätigung schuldig. Matthias hütete
sich, die von den Wienern geforderte Erneuerung des Stapelrechtes
auszusprechen oder den Handel fremder Kaufleute einzuschränken, er
stellte ganz im Gegenteil die reibungslose Abwicklung des Handels bis
tief in sein eigenes Reich in den Mittelpunkt seines Interesses. Wien
besaß nicht mehr die Stellung einer Vermittlerin zwischen West
und Ost, sondern war eine Stadt in Ungarn geworden. *
(Felix Czeike, Wien und seiner Bürgermeister –
Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte, Wien – München, 1973,
S 123.)
Der Krieg zwischen Kaiser Friedrich und König
Matthias ging
weiter. Im Frühling 1486 zeigte sich bei den Ungarn
größere Unternehmungslust. Dem Bürgermeister Simon Keck
von Eggenburg war aus sicherer Quelle insgeheim die Nachricht
zugekommen, dass die Ungarn vorhaben, die Städte Krems und
Stein nächtlicher Weile zu überrumpeln und dem Kaiser
wegnehmen. Am 18. April 1486 ließ er den beiden
Donaustädten
eine Warnung zukommen. Die Warnung am zu früh, der Angriff wurde
aufgeschoben, aber anfangs Juli bemächtigen sich die ungarischen
Feldhauptleute Niklas Cropacs und Johann Zapolya tatsächlich der
Stadt Stein. Krems hingegen hielt wacker Stand und folgte auch nicht
der am 10. Juli von Pressburg aus ergangenen Aufforderung des
Königs Matthias, sich ihm zu unterwerfen. *
(Brunner, Ludwig: Eggenburg, S 231.)
Matthias Corvinus starb am 6. April 1490 - noch nicht fünfzig
Jahre alt - in Wien an einem Gehirnschlag. Das Leichenbegängnis
erfolgte zu St. Stephan mit allem Pomp, der einem Herrscher
gebührt, aber das Reich des Mathias Corvinus zerfiel mangels eines
rechtmäßigen Erben. Der ungarische Statthalter Zapolya zog
mit seinen
Truppen ab und ließ nur eine Besatzung von 400 Mann in der Wiener
Burg zurück.
Die ungarnfeindliche Partei, welche die Besatzungszeit überdauert
hatte, sammelte sich. Paul Keck scheint ab Mai 1490 wieder als Ratsherr
auf. Man einigte sich rasch, den seinerzeit abgesetzten Stefan Een
wenigstens vorübergehend wieder zum Bürgermeister zu machen.
Dieser traf kurzfristig seine Entscheidungen: die Tore wurden
geschlossen, die Stadt in Verteidigungsbereitschaft gesetzt. Friedrichs
Sohn, Erzherzog Maximilian, hielt am 19. August 1490 in Wien
seinen
feierlichen Einzug in Wien, nahm vom Bürgermeister die
Schlüssel der Stadt in Empfang und ließ sich von der
Bürgerschaft den Treueid leisten. Danach schritt Maximilian zum
Angriff auf die Burg. Die ungarische Besatzung ergab sich nach kurzer
Gegenwehr. *
(Schinner, Carl Eduard: Alt und Neu Wien. Geschichte
der österreichischen Kaiserstadt. Wien 1904.)