Das in Eisgrub aufgefundene Wappen

In den letzten Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg hatten Wappenbüros Hochkonjunktur. Geschäftstüchtige Zeichner, Maler, Glasmaler, Architekten und Staatsbeamte boten unwissenden zahlungskräftigen Laien Wappen zu jeder gewünschten Familie an. Ihnen war es gleichgültig, ob es sich dabei um ein historisches Wappen oder ein frei erfundenes handelte. Immer aber behaupteten sie, es handle sich um ein altes Wappen. Zu diesem wurde eine angebliche Vergangenheit erfunden oder aus verschiedenen Quellen zusammengestellt. Gefälschte Wappen wurden in dieser Zeit in Massen produziert und kursieren bis heute in vielen Nachlässen, im Antiquariatshandel oder auf Flohmärkten und schaffen noch immer gehörige Verwirrung.  * (Der Wappenschwindel seine Werkstätten und Inhaber – Ein Blick in die heraldische Subkultur herausgegeben vom HEROLD, Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener & Co. 1997.) Dies ist der Hintergrund für die folgende Geschichte:

Am 1. November 1939 hatte Fritz Keck eine Vorsprache wegen des Ariernachweises unseligen Angedenkens beim Pfarrer von Eisgrub. Bei dieser Gelegenheit überraschte ihn Pfarrer Konrad Steffl mit der Bemerkung, er habe für ihn eine interessante Sache. Er zeigte er ihm ein Wappen mit der Aufschrift “Keck”. Wie dieses Wappen in die Pfarre gekommen sei, sei Herrn Pfarrer Steffl unklar gewesen; es sei in alten Schriften vorgefunden worden.

Fritz Keck fotografierte das Wappen und stellte Nachforschungen darüber an. Er fand im Österreichischen Staatsarchiv das Konzept eines Wappenbriefes, dessen Beschreibung mit der ihm vorliegenden bildlichen Wappendarstellung überein zu stimmen schien..

Fritz Keck beschaffte sich beglaubigte Abschriften aus den Adelsakten des Staatsarchivs, die ich erst kürzlich im Nachlass von Gertrude Keck gefunden habe. Der Wappenbrief vom 2. November.1561 beschreibt das Wappen wie folgt:

"Wiewohl S getreuer Hans Keck mit Namen am schwarzen Schild, darinnen für sich aufrechts erscheinendt eines gelben oder goldtfarben Löwensgestalt zum Grimmen geschickt, mit zurück aufgeworfenen Schwanz, roter ausgeschlagener Zungen und beide seine vorderen Pranken von sich reckent. Und vom vordern untern bis zum hintern obern Eck des Schilts über den Löwen nach der schreg geendt am straffen, so widerumben nach der schreg in Sechs gleiche teil abgeteilt ist, deren das erste unter desgleichen dritte und fünfte Weiß oder Silber und andere drei Teil der straffen, Roth oder Rubinfarb sein. Auf dem Schilt am Stechhelm, hinten mit schwarzer und gelber oder goldfarber vornen roter oder Rubin und weißer oder Silberfarber Helmdecken und darauf einer goldenen Königlicher Krone geziert, darauß zwischen zweien Adlersflügen ihre Sachssen einwärts gekehrt und jede derselben schrembs in zwei gleiche teile geteilt, deren der hintern unter und vordern obern gelb und andere zweiteil der Flügen schwarz sein, auch durch jede derselbenflüg von Innen aus und aufwärts nach der schreg geendet am straffen, von Farben und Abteilung in Massen unten durch den Schild entspringend am vorderteil eines gelben Löwens, mit roter ausgeschlagener Zungen und von sich gereckten Pranken.“

Fritz Keck führte in seiner Chronik weiter aus, dass Hans Keck und sein Sohn Michael durch Kaiser Ferdinand für die Teilnahme an etlichen Kriegs- und Feldzügen gegen die Türken, in den Adelstand erhoben worden seien.

Michael Keck habe das Prädikat von Schwartzbach geführt und sei war kaiserlicher Bauschreiber im Schloss zu Prag in der Zeit von 1563 – 1592 gewesen. Sein Nachfolger sei David Florian gewesen. Über die Tätigkeit von Hans und Peter Keck habe Fritz Keck damals nichts in Erfahrung bringen können.

Am 22. Jänner 1563 habe sich aber Michael Keck mit der Hudit verehelicht. Sie sei die Tochter des Johann Pilgramers  * (Die Pilgramer waren eine angesehene Iglauer Familie. Schon 1374 sind Jakob und Johann von Pilgram als Iglauer Bürger bezeugt. 1493 war Ladislaus von Pilgram Stadtrichter von Iglau. Vergl. Schenkl, Conrad Philipp: Die Markgrafschaft Mähren. Topographisch, statistisch und historisch geschildert von Gregor Wolny, Brünn 1846, S 46.) in Iglau in Mähren gewesen. Die Hochzeit habe auf Wunsch der Braut in Cadan  * (Höchstwahrscheinlich Kadan (Kaaden) an der Eger in Nordböhmen im Kreis Komotau. Kadan war im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit ein beliebter Wallfahrtsort.) stattgefunden. Als Hochzeitsgeschenk habe ihm am 1. Mai 1563 Erzherzog Ferdinand ein Trinkgeschirr um 40 Gulden verehrt. Am 2. September 1580 habe Michael Keck das Adelstands-Bestätigungsdiplom erhalten.

Bemühungen, die Herkunft von Hans und Michael Keck zu erforschen, seien 1940 wenig erfolgreich gewesen. Aus dem Prager Archiv der Burg erhielt Fritz Keck die Auskunft, dass in den verhältnismäßig spärlich erhaltenen Beständen des Bauschreiberamtes aus dem 16. Jahrhundert Michael Keck als Prager Bauschreiber zum ersten Male im Mai 1563 aufscheine. Er habe diese Stelle etwa bis zum Jahre 1593 bekleidet. Über die Herkunft des Michael Keck habe sich nichts Näheres feststellen lassen.

Der Pfarrer von Iglau, den Fritz Keck selbst angeschrieben hatte, teilte mit, dass er keine Auskunft erteilen könne, da die Matriken der Pfarre erst mit dem Jahre 1590 begännen.

Damit endeten 1940 die Nachforschungen von Fritz Keck mit der Feststellung, dass sich ein Verwandtschafts- oder Abstammungsverhältnis seiner Familie zu den adeligen Keck nicht habe feststellen lassen.

Gleichwohl geisterte in der Familie die Legende von der adeligen Abstammung herum. Vor etwa zwanzig Jahren wurde ein Handwerker beauftragt, das Wappen in Kupfer zu treiben und seither hängt dieses Kupferrelief bei vielen Familienmitgliedern an der Wand.

Beim Beginn meiner Forschungen stand mir nur das verschwommene Foto aus der Familienchronik von Fritz Keck zur Verfügung. Trotz aller fotografischen Tricks ließ sich daraus nur wenig herausholen. Mitte des Jahres 2001 traf ich mich mit Fritz Landauf, der sich ebenfalls schon mit der Geschichte der Familie Keck beschäftigt hatte. Dieser überließ mir eine grauenvoll kolorierte Grafik des Wappens, aber auch eine gute Graustufenkopie im Format A4, mit der sich etwas anfangen ließ. Fritz meinte zwar, er habe die Kopien von einem Fachmann begutachten lassen, und dieser habe von einer Fälschung gesprochen. Ich aber habe diese Aussage zunächst nur auf die kolorierte Grafik bezogen und mich der Mühe unterzogen, das Graustufenbild mit einem Bildbearbeitungsprogramm entsprechend der Wappenbeschreibung des Adelsbriefes zu kolorieren. Dabei ist mir wohl aufgefallen, dass die bildliche Darstellung des Wappen in einigen Details vom Adelsbrief abwich. Das war für mich zunächst noch kein Grund, das Wappenbild selbst in Frage zu stellen.

Wappen werden in einer eigenständigen Kunstsprache beschrieben, wie sie die Heroldskunst im Lauf der Zeit entwickelt hat. Ziel der Blasonierung, der fachgerechten Wappenbeschreibung, ist es, ein Wappen möglichst prägnant und dennoch knapp in Worten wiederzugeben. Ein Wappen wird nicht durch die vom künstlerischen Stil und Zeitgeschmack abhängige Zeichnung festgelegt, sondern ausschließlich durch die schriftliche Fixierung. Daher ist es möglich, an Hand der Wappenbeschreibung ein Wappen erstellen oder zu beurteilen. * (Kaiser, Agathe Franziska und Linder, Erich Dieter: Familienkunde und Wappenkunde – Ein Wegweiser zur Genealogie und Heraldik, Weltbildverlag Augsburg 1994, S 127.)

rekonstruiertes Wappen der Keck von Schwarzbach
Wappen der Kehk zu Schwartzbach
Das rekonstruierte Wappen entsprechend dem Wappenbrief von 1561 Das Wappen des Frantissek Karel Khek ze Schwartzbach
Kaiserlicher Appellationsrat und Starost der königlichen Landtafel, + 1748
Wappensaal in der Prager  Burg, aufgenommen 2006

Der schräge Balken über den Schild sollte nach der Blasonierung in sechs gleiche Teile geteilt sein, die abwechselnd weiß und rot gefärbt sind. Auf dem Bild waren es aber sieben Teile. Der Adelsbrief spricht von einem Stechhelm, im Bild war aber ein Bügelhelm dargestellt. Die Verbindung zwischen Helm und Helmzier sollte nach dem Adelsbrief eine Krone sein, in der bildlichen Darstellung ist aber ein Wulst dargestellt. Der Stechhelm fand sich im 16. Jahrhundert in den Wappen der Bürgerlichen, während der Bügelhelm dem Adel vorbehalten war. Die Helmzier war bei Bürgerlichen mit einem Helmwulst in den Hauptfarben des Wappens mit den Helmdecken verbunden, bei Adeligen mit einer Krone. Diese Ungereimtheiten habe ich auf die Ungenauigkeit der Hofkanzlei und auf Fehler des Künstlers zurückgeführt.


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